In diesem Beitrag möchte ich euch heute einmal zeigen, wie ich üblicherweise eine Illustration erarbeite.
Zum einen möchte ich euch dabei einige meiner Arbeitsschritte näher bringen. Zum anderen möchte ich auch zeigen wie ich bei einer möglichen Zusammenarbeit agieren würde und mit welchen Arbeitsprozessen ihr rechnen könnt.
Als Beispiel nehme ich die Geisha-Zeichnung, welche im Rahmen der monatlichen Characterdesign-Challenge auf Facebook entstanden ist.
Dieser Blogeintrag hat dabei keinen Anspruch darauf ein echtes Tutorial zu sein. Ich zeige euch nur, wie ich ein Problem bearbeite ohne davon auszugehen, dass dies der eine oder am Ende sogar einzig richtige Weg ist.
Ich arbeite mit einem Wacom Cintiq in Photoshop CS5. Da ich oft gefragt werde, warum Photoshop und ob man Photoshop unbedingt beherrschen muss um digital zu malen und was den mit all den anderen tollen Programme ist? Hier einmal meine Antwort dazu.
Nein, du musst Photoshop nicht beherrschen um digital malen zu können. Jedes andere Programm ist genauso gut oder schlecht, wie Photoshop. Die einen haben Stärken in dem einen Bereich, die anderem in dem Anderen. Ich persönliche arbeite mit Photoshop aus purer Bequemlichkeit und Gewohnheit, weil es das Programm ist, welches ich am meisten beherrsche und womit ich somit am schnellsten für mich stimmige Ergebnisse erzielen kann. Aber ich wechsle auch manchmal zum Beispiel nach PaintTool Sai oder Clip Studio Paint, weil es dort Funktionen gibt, die mir besser gefallen. Im Endeffekt, zeichne womit dir gefällt und womit du am besten klar kommst – Hauptsache du zeichnest 😉
Jetzt nachdem das geklärt ist, schnell zurück zum eigentlichen Thema.
Bevor ich anfange zu zeichnen, bekomme ich von meinem Kunden oder meinem Gehirn ein initiales Briefing. Also eine Zusammenfassung des Themas, mit dem ich mich beschäftigen soll.
Das Thema war hier: Geisha oder Samurai, Character-Darstellung ohne Hintergrund. Ich habe mich für die Geisha entschieden.
Kurz mal durch Pinterest gestöbert um zu verstehen, wie so ein Kimono funktioniert und dann ging es los.
Mit der allerersten richtig groben Skizze. Und das sieht dann so aus:
Wunderschön oder?
Dieses Stadium nennt man ‚Thumbnail‚ oder kurz ‚Thumb‚, weil es üblicherweise nur in Daumengröße angefertigt wird. Die Idee dahinter ist, dass man sich nur auf die wesentlichen Formen einer Zeichnung konzentriert, ohne sich schon allzu sehr mit Details zu beschäftigen. Normalerweise würde man mehrere dieser Thumbs anfertigen, die ich dann auch (je nach Größe) des Auftrags mit meinem Kunden bespreche. Hier habe ich aber gleich auf meiner Basisidee weitergemacht, da ihre Hauptattribute (zwei riesige Fächer, überladene Frisur und eine lustige Schleife am Popo) bereits vertreten waren und für mich in der Silhouette stimmig waren.
Wenn mir ein Thumb gefällt fertige ich eine sauberere Skizze an. Dabei konzentriere ich mich zuerst auf den nackten Körper und male erst danach Kleidung darauf. Das hat den Vorteil, dass ich mir jederzeit sicher sein kann, wo ihre Gliedmaßen sind und wie sich der Faltenwurf der Kleidung verhält.
Was man hier nicht sehen kann ist, dass ich während des gesamten Zeichenprozess meine Skizze immer wieder einmal spiegele und quasi Seiten verkehrt weiter zeichne. Das hat den Vorteil, dass man eventuelle Fehler schneller entdeckt und den Nachteil, dass ich meistens vergesse welche Richtung denn nun die Originale ‚Richtige‘ war.
Bin ich mit meiner Reinzeichnung zufrieden geht diese an den Kunden, welcher sie (bestenfalls) für den nächsten Arbeitsschritt freigibt. In diesem Stadium sind üblicherweise schon alle Hauptelemente enthalten. Kleine Details können jederzeit noch hinzugefügt werden, aber die Hauptfeature, wie Pose, Kleidung, gehaltene Items oder Hintergründe stehen jetzt alle fest. Oder es wird solange in diesem Stadium weitergearbeitet bis sie feststehen. Bestenfalls verbleibe ich in dieser Phase am Längsten, damit ich hinterher nur noch ‚runter malen‘ muss.
Gefällt mir die Skizze zeichne ich darüber auf einer neuen Ebene halbwegs saubere Linien, fülle die komplette Figur mit Grau und füge einen simplen Hintergrund ein, damit ich eine Grundfarbstimmung habe. Das muss nicht allzu genau sein, da ich später noch darüber malen werde und die Linien so verschwinden, aber ich benötige sie zur Orientierung.
Dafür verwende ich einen Standard-Round-Brush mit Druckempfindlichkeit, harter Kante und ca 6px Größe. Generell verwende ich fast nur Standardpinsel. Ausnahme ist ein runder Pinsel mit weicher Kante, der eine leichte Textur hat. Damit grundiere ich gerne Schatten.
Jetzt kommt der Schritt mit dem ich tatsächlich immer mit am meisten Freude habe.
Schatten malen.
Was keine Farbe? Nein, erst möchte ich, dass die Lichtstimmung stimmt, Farben würde mich dabei nur irritieren.
Ich verwende die graue Ebene als Maske, so dass ich nicht über den Figur-Rand malen kann und male mir im ersten Schritt die, wie ich sie nenne, ‚Ambientschatten‘. Eigentlich nennt sich das ganze ‚Ambient Occlusion‚ zu deutsch ‚Umgebungsverdeckung‘ kommt aus dem Game-Engine-Bereich und meint damit weiche Schatten, die vor allem dort auftauchen, wo Kanten aufeinander treffen.
Kann man sogar ganz leicht nachvollziehen, wenn man einmal in eine Ecke des Raumes, in dem man gerade sitzt, schaut. Und? Sieht dort dunkler aus, als sonst wo, oder? 😉
In jedem Fall male ich diese Schatten zuerst um so ein stimmigeres und realistischeres Endresultat zu erzielen. Ja auch für Comicfiguren. Ich mag plastische Sachen.
Meine Schattenebene steht dabei auf multiplizieren und blendet so immer in die darunter liegenden Ebenen ein. Die Outlines liegen noch komplett über allem.
Sehr ihr den kleinen Klecks links neben ihr? Das ist meine Schattenfarbe. Je nach Stimmung, die ich erreichen will verwende ich unterschiedliche Farben als Schatten, aber niemals Grau, da ich nicht möchte, dass meine Illustrationen zu entsättigt werden. Da die Schatten auf ihrer jeweils eigenen Ebene liegen, kann ich sie auch jederzeit noch umfärben, sollte mir die Stimmung später nicht mehr gefallen. Das mache ich tatsächlich recht oft.
Wenn die Ambientschatten durch sind, erstelle ich eine neue Ebene, wieder auf Multiplizieren und male darauf mit derselben Farbe die Schlagschatten. Hier habe ich mich für sehr harte Kanten entschieden, da ich mir einen scharfen Kontrast gewünscht habe. Für einen realistischeren Look würde man die Kanten aber eher etwas abschwächen, vor allem auf dem weichen runden Gewebe, wie beispielsweise ihrem Rocksaum.
Im nächsten Schritt widme ich mich dem direkten Licht. Ich mag es besonders wichtige Punkte noch einmal zu herauszustellen, indem sie eine Extraportion Licht bekommen. Ich nutze die Auswahl der Schatten als Maske für die neue Ebene. So gehe ich sicher, dass das Licht nur an Stellen wirkt, an denen noch keine Schatten gesetzt wurden. Meine Lichtebene steht dabei auf ‚Ineinanderkopieren‚ bzw. Overlay im Englischen.
Da ich keine zweite Lichtquelle habe, verzichte ich hier auf ein zu starkes Gegenlicht. Ganz leicht habe ich aber eines am (von uns aus) linken Rand ihres Fächers eingearbeitet. Das ist wieder eine neue Ebene, diesmal auf Negativ Multiplizieren.
Nachdem das Licht durchgearbeitet wurde, kann man sehen, dass die Outlines zu hart wirken, deswegen färbe ich sie ein und stelle sie ebenfalls auf Multiplizieren, so dass alles miteinander verblendet wird. Ich möchte, dass meine Geisha weich und lieblich aussieht.
Nachdem ich mit meinen Schatten fertig bin, trinke ich einen Schluck Kaffee, Tee oder zu fortgeschrittener Stunde auch mal ein Glas Wein.
Dann schaue ich mir meine Schatten noch einmal an und blende sie alle AUS! Ja genau, alle weg. Die brauche ich für den Moment nicht mehr 😀
Endlich komme ich zu dem mit am Wichtigstens und gleichzeitig auch nervigsten Teilabschnitt. Warum nervig?
Jede einzelne Farbe bekommt jetzt nämlich eine eigene Ebene und wird sauber in seine Fläche gefüllt.
Jede. einzelne. Fläche. auf. eine. eigene. Ebene!
Das ist super nervig und auch etwas anstrengend, hat aber einen unglaublichen Vorteil. Dadurch, dass ich jedes einzelne Teil individuell noch anfassen kann, kann ich alle Farben jederzeit einzeln nachträglich ändern. Selbst zu einem späteren Zeitpunkt dienen mir die einzelnen Ebenen als Auswahlhilfen, sollte ich noch einmal etwas in der Illustration korrigieren müssen.
Die Grundfarben bekommt dann auch ein eventueller Kunde vorgelegt und darf sie wieder absegnen.
Ist das geschehen, arbeite ich Fototexturen und Designelemente wie die Blütenblätter in die Zeichnung hinein. Die Fototexturen verwende ich meistens mit .ca 20-30% Deckkraft und unterschiedlichen Ebenenmodi. Als Auswahl dienen mir dabei wieder die vorher festgelegten Farben.
Wenn ich mit den Farben soweit zufrieden bin blende ich alle meine Schattenebenen wieder ein und füge das gesamte Objekt zusammen. Alles auf eine Ebene, damit ich nicht durcheinander komme und einfach oben drüber malen kann. Sicherheitshalber habe ich aber alle vorangegangen Schritte mit den Ebenen noch in einem separaten Ordner. Man weiß ja nie.
Wenn man sauber gearbeitet hat, sieht die Zeichnung jetzt schon recht fertig aus. Alle Designelemente sind enthalten, alle Farben definiert, alle Schatten sind gesetzt. Und tatsächlich könnte man das ganze jetzt auch so lassen. Oder man arbeitet doch noch etwas weiter.
Tatsächlich fange ich jetzt erst ganz zum Schluss an richtig zu malen und Flächen miteinander zu verblenden. Ich füge einzelne Details hinzu, säubere alle unsauberen Linien und verstärke Licht und Schatten. Am Ende erfolgt meistens noch eine Tonwertkorrektur des gesamten Bildes und ich nutze gerne noch den selektiven Scharfzeichner, da mir manche Konturen doch zu weich werden. Und das war es dann eigentlich 🙂
Et voilà – die Geisha ist fertig. Schaut euch ihre süßen Schuhe an, ich möchte auch solche <3
Ich hoffe euch hat mein kleines Making Off gefallen und es war interessant für euch.
Wenn ihr jetzt auf den Geschmack gekommen seid und vielleicht auch eine individuelle Zeichnung haben möchtet, dann schreibt mir doch gerne eine kurze Nachricht.
Gerne würde ich weitere Beiträge dieser Art veröffentlichen, bin da aber noch am Sondieren worüber ich schreiben könnte. Habt ihr denn eventuell Wünsche oder Fragen, auf die ich in einem anderen Beitrag einmal eingehen könnte? Was hat euch gefallen, was hat euch gefehlt, was würdet ihr euch für die Zukunft anders wünschen?
Schreibt es mir direkt in die Kommentare 🙂 Ich freue mich sehr über Feedback.
Und weil es so schön war – zum Abschluss noch mal ein Step-by-Step .gif – weil ich es kann (Und .gifs liebe)